Gute und nicht so gute Vibrations

Musik und Unmusikalisches: Beach Boys und der Rest -

 

 

 

Vor ein paar Tagen besuchte mich ein "alter" Schulfreund. Zusammen haben wir über hundert Jahre Hör-, Konzert und Plattenerfahrung auf dem Buckel. Ich: "Die Beatles kommen nach Zwickau. Alle vier." "Ha noi" – er ist professioneller Schwabe, Beatles-Intimus und kniet sich seit 40 Jahren durch den Schlamm aberdutzender Rockfestivals. "Es kommen bloß die Beach Boys, surfen rum auf dem Schwanenteich", räume ich die alternativen Fakten ein bzw. aus. Er findet die schnöden, aber sympathischen Worte der Wahrheit: "Ha wa, so klapprig wie die send, schaffet se grad no a weng ins Tretboot neihocke." Aber mal im Ernst: Die beispiellosen BBs sind wahre Top-Ten-Pop-Legenden, keine Zombies aus dem Oldies-but-Goldies-Dorfmuckenzirkus. Selbst wenn die Band außer Sänger Mike Love mit der Originalbesetzung kaum noch in surfendem Einklang steht, sie bleibt authentisch kalifornischer Kult und Garant musikalischer Meisterwerke. Vielleicht gaukelt uns ihr zeitlos gültiges Wohlfühlrepertoire in diesen global schwer angeschlagenen Zeiten auch ein wenig pure Spaßillusion ins Gemüt – fun, fun, fun. Mir jedenfalls kommt das beschwingt perfektionierte Strand-, Sonnen und Partygezwitscher der BB gerade recht in die eingetrübte Stimmungslage.

 

Bob Dylan "musizierte" auch schon hier. Der kann anders als die Beach Boys so gar nicht singen, hat aber doch manch passables Liedchen geschrieben. Außerdem ist und bleibt er eine unkaputtbare Ikone, ein griesgrämiger Weltstar, der es sich sogar leisten kann, das Literaturnobel allenfalls unter der Hand abzugreifen, um beharrlich seinen Psychosen freien Lauf zu lassen. Jedenfalls blieb ich da vor zwei Jahren in der Stadthalle außen vor, freiwillig. Zum vorweihnachtlich hier gastierenden Helmut Lotti, der mit seinem Geknödel neuerdings wieder fröhliche Urständ feiert, fällt mir auch nichts bis gar nichts ein. Da könnte ich mich ja gleich aufmachen zu Andrea Bocelli und Helene Fischer oder André Rieu. Manche Musiker wirken vorzugsweise weniger durch ihre musikalischen Verlautbarungen als mit heimtückisch zersetzender Kraft auf den guten Geschmack.

 

Wenn man dann aber zusätzlich politisch austickt wie der Naidoo Xavier, werden die Big Names gänzlich unerhörbar, für mich jedenfalls. Dieser patzige Betroffenheits- und Blödelbarde sondert seinen Gutmenschendünnpfiff in den kommenden Wochen auf einer überflüssigen Missions-Tournee ab. Gottseidank bleibt Zwickau dieses Mal verschont vom Horrortrip des reichsdeutschen Geistersehers und Reichsverwesers. Aber den Nobelpreis für Plärre und Verschwörungstheorie würde ich ihm schon gönnen. Für mich schwingen und swingen die "Good Vibrations" der BB allemal gehaltvoller. Auf in die Stadthalle, da gibt’s am 9. Juni Nahrhaftes: die musikalischste Altherrentorte, die ich kenne.

 

 

Beach Boys

Beach Boys (Wikipedia)

 

The greatest of them all