Doktor Sommer - das einfach schöne Sommerleben

Auch die Hochsommerkultur zimmert ihr eigenes Zeitfenster … für mich, sportlich gerechnet, Mitte Juli bis Mitte August. Lange, ergötzlich warme (?) Abende, Partys im Freien, an der Mulde wird hochfrequentiert abgehangen, allein bzw. solo oder im vertraut-vergnüglichen Get-together. Kneipen und Restaurants haben die lizensierten Komfortzonen vor ihrer Haustür mit geschmacksneutralen Tischen und semibequemen Stühlen bestückt. In knapper Reichweite wartet der Heißwetter-Survival-Kit auf den nächsten Zugriff, sei's ein Aperol Spritz, vielleicht schlürft man auch zum gefühlt 500. Mal einen Caipirinha, oder nippelt, besonders hipp, an einem Tonic mit edler Gin Sul-Füllung aus Hamburg. Die allermeisten Tische und Theken sind belagert, aber das ist doch angenehm, kollektives Sommerabend-Gebrabbel. Gott und die Welt mischen sich auch putzmunter ein, Höhen und Tiefen städtischer Politik werden durchgekaut, der FSV, die heraufdräuende Bundestagswahl, man verabredet sich fürs Freibad am nächsten Tag oder zum Eislecken am Softeiswohnwagen beim 1470-Sommergarten. Im Idealfall mit seiner aktueller Sommerliebe. Jeder, ach was, alle sind cool und relaxed. On tour am Abend mit Freunden oder solchen, die es werden könnten (oder sollten), da kann ja schon in Wintertagen gute Laune aufkommen, aber im Sommer geht alles doch viel entspannter und spontaner ab, auch das Cruisen durch angesagte Kneipen in der Peter Breuer Straße oder auf dem Hauptmarkt, am Johannisbad oder auf der Paradiesbrücke, das leicht angetüttelte Abchillen und vor allem das mit ein wenig Sprit beförderte Flirten und Rumschäkern.

 

Als ob der Sommer unter beglückendem Sternengefunkel niemals enden dürfte, weil man noch immer nicht in der höchsten Wohlfülletage angekommen ist. Finale Idylle als Gradmesser von Herzens- und Lebenslust. Das ist nicht verhandelbar.

 

Aber kann es denn wochenlang so prächtig weitergehen, das Laissez-faire, das nichtsnutzige Nichtstun? Würden die abendlichen Lockerungsübungen, die gepflegte und komplette Entspannungssause doch nur bis weit jenseits der Sommerferien andauern.

 

Aber ach, die Grillsaison und das Eisschlotzen (wie der Schwabe sagt) sind als Saisonware dem schnöden Verfall preisgegeben. In wenigen Tagen stapeln sich Lebkuchen und Spekulatius in den Supermarktregalen und bald stehen die ersten Nikoläuse stramm in Reih und Glied. Ab dem 21. Juni wurden und werden die Tage erschreckend kürzer, bald rieselt uns der Schnee aufs Haupt und Weihnachten naht rabiat. Diese Entwicklung, liebe Sommergäste, ist nicht hinnehmbar.