Wer von uns kann mit annähernder Sicherheit und beigeselltem Gottvertrauen einigermaßen verbindlich kundtun, wodurch sich Kunst auszeichnet? Oder gute Kunst sich von nicht so guter oder gar schlechter Kunst unterscheidet? Dennoch, es gibt Kriterien mit einigen funktionierenden Routinen und Subroutinen. Eines steht aber fest, liebe Kunstfreunde: Augen auf in den Museen, Galerien, Kunstvereinen – in keiner Ausstellung gibt es Qualitätsunterschiede zwischen Künstlern und Künstlerinnen. Jedoch der Quantität nach haben bedauerlicherweise die meisten Ausstellungsmacher noch nicht allzu viel Chancengleichheit oder von einer wenigstens ansatzweise zu erfüllenden Quote gehört. Fast ausschließlich ist die Kunst- und Ausstellungsgeschichte dominiert von Männerkunst.
Doch nichts bleibt, so wie es ist. Zwickau hat zum Beispiel eine ganze Reihe ausgezeichneter Künstlerinnen hervorgebracht. Sie leben als Beteiligte des internationalen Kunstbetriebs natürlich schon länger nicht mehr an der Mulde, auch wenn sie wie Rosa Loy oder Henrike Naumann, Anija Seedler oder Jana Gunstheimer immer wieder in ihre Heimatstadt zurückkehren. Ich wage mal die nicht besonders steile These, wer im Bereich der Kunst, also auch im professionellen Ausstellungswesen etwas werden will, muß dorthin, wo die maßgebliche Kunst entsteht, wo Vernetzungen gebildet werden, wo man sich täglich mit niveauvoller Kunst auseinandersetzen kann, egal ob sie im Kunstmarkt verwertbar ist.
Henrike Naumanns politische Kunst, die sich vielfach mit einem extremrechten Politik- und Lebensverständnis beschäftigt, wie etwa dem NSU, entwickelt auch dank ihres Mediums – vor allem Installations- und Videokunst – ein mittlerweile bekanntes und anerkanntes künstlerisches Statement unser Zeit. Sie agiert mit ihren 33 Jahren bereits weltweit, knapp vor dem Sprung in die großen internationalen Sammlungen und Kunstbiennalen. Die wunderbare Malerei von Rosa Loy ist freilich nicht nur zu Recht renommiert, sondern längst auch ein ökonomischer Faktor.
Beide, wie auch die beiden anderen genannten Künstlerinnen, arbeiten ernsthaft und ambitioniert, auf technisch-handwerklich hohem Niveau, ihr Werk ist seit Jahren überprüfbar auf Qualität und Anspruch, da gibt es nicht den Hauch von Dekorativem, Dilettantismus und Hobby, wie auch? Eine grundsolide Ausbildung an einer Akademie ist heutzutage fast zwingend für eine fundierte Karriere im Kunstbereich. Aber logisch, auch Freizeitkunst neben Champions League muß es geben, und Hochkultur neben Breitensport und Hobbykick … Widerspruch? Von wem? Warum?
Kulturbürgerin des Monats: Die in Leipzig lebende Malerin Rosa Loy zeigt seit Jahrzehnten ihre Kunst in Zwickau und unterstützt die Kulturvermittlung hier vor Ort nachhaltig.