Mauer mit Anspruch - Wandschmuck ohne Titel

 

Berühmte Mauern: die Chinesische Mauer, die Berliner Schandmauer, des in toto indisponierten Trumps Mauerschande und die Mauermachwerke in ungezählten Betonköpfen. Errichtet wozu? Abwehr des ungewollten Fremden.

 

Hier und jetzt ein Zwischending von Mauer und Wand mit Kunstanspruch und Kommunikationsauftrag: Peter-Breuer-Straße in 1B-Ecklage. Mit dem umtriebigen und kreativen Randy Engelhard trat ein Sponsor auf den Plan, der sich gegenüber seiner Tattoowelten eine 130 qm freie Wandfläche als prädestiniertes Kunstareal ausmalen konnte. Wer anders als Graffitikünstler Jens TASSO Müller war mit seinen 51 jugendlichen Jahren dem Prestige-Projekt angemessen gewachsen, um in hochprofessioneller, künstlerisch versierter Weise die hundert x tausend Spraydosen zu schwingen … Um für das kunsterpichte Zwickau ein weiteres Alleinstellungsmerkmal beizusteuern, entwarf der international anerkannte Graffitispezialist das flächenintensivste und ansehnlichste Wandgemälde, das in der Muldestadt je das öffentliche Licht der Welt erblickte. Weder Dresden, Leipzig noch Chemnitz, also jene Städte, die am ehesten mit unserer Kunstmetropole mithalten könnten, verfügen über einen solch imposanten Wandschmuck. Und dieser kam zustande nicht in einer wochenlangen Nacht- und Nebelaktion, nein, die Stadt und Baubürgermeisterin Kathrin Köhler gaben letztlich ihr Placet und ich bin sicher, die Stadtvorderen erfreuen sich durchaus am geschenkten, auch touristisch attraktiven Kunstzuwachs. TASSO erweist sich einmal mehr als authentischer Künstler, der frei oder im Auftrag, dabei stets gesetzesaffin arbeitet, aber gerne seiner vorzugsweise illegal eingeheimsten Szene-Meriten gedenkt, die er sich einst in jungen Jahren (seit 1991) etwa an Autobahnbrücken ersprühte.

 

Seine hiesiges Wandpanorama widmet sich ziemlich unaufgeregt der heutigen Tattoästhetik. Wird so sein, wenn er das sagt, sage ich als profunder Graffitiunfachmann, ja, um photorealistisch mit dem Sprühstrahl verblichene Promis wie Adam (und seine Erschaffung durch Michelangelo), Marylin Monroe oder Lemmy Kilmister derart "echt" ins Leben zu befördern, muß man "seine handwerkliche Perfektionsgeschichte" (TASSO) zielsicher durchziehen können. Neue Impulse für die Zwickauer Graffiti-Szene? … Wäre "bombig".

 

Übrigens: Am Samstag, 7.10. um 11 Uhr legt TASSO letzte Hand mit der allerletzten Dose an sein Mammutmauerbild. Wer dabei sein will, gerne dann und jederzeit danach. Nebenbei: Alle (leeren) Wände flüstern die universell-ultimative Sprayermaxime: "Fame ist the name of the game."

 

Jens TASSO Müller