Aus alt mach neu

 

Bringen wir's hinter uns. Und warten wir ab. Hoffen wir auf Besseres.

 

Mit solch hintersinnig heimtückischen, aber trotzdem verblüffend nichtssagenden Grußadressen an das noch existierende und das künftige Jahr könnte ich Ihre Jahresendwechselstimmung stundenlang malträtieren. Denn was gestaltet sich wahrhaft neu bei den kommenden 365 Tagen? Da verbirgt sich hinter jedem Umblättern der Jahreszahl erstmal ein Nullsummenspiel. Warum sollte sich nach einer halben Stunde weltweit systematischer Sylvester-Ballerei der Zustand unserer Erdkugel auch nur einen Deut beruhigen? Die Menschheit wird in einer einzigen Sekunde kaum einen verheißungsvollen Erfolgskoeffizienten für ihr Fortbestehen entdecken. Das persönliche und globale "Weitergehen" ist stets auch ein "Voranschreiten", wir erleben es als Kontinuum, das gespickt ist mit Höhepunkten, Niederschlägen, Zäsuren. Immer zerrt die Gegenwart an uns, viel vehementer als die Vergangenheit oder Zukunft. Wahrnehmungspsychologisch dauert die Gegenwart drei Sekunden, wie ein Knaller um Mitternacht, philosophisch gesehen dehnen sich die komplexen Zeitumstände unserer Lebenszeit zum dauerhaften Jetzt.

 

Doch ein bisschen konkreter: Mein persönlicher Kultur-Höhepunkt war in diesem Jahr vielleicht am 11. April, als der Alte Gasometer und die Freunde Aktueller Kunst gemeinsam den Kinofilm mit Neo Rauch zeigen konnten. Der Leipziger Weltkünstler kam mit seiner Frau Rosa Loy extra nach Zwickau. Für mich kulminierte an diesem Abend Vieles. Geschieht und gelingt im nächsten Jahr ein ebenso beeindruckender Coup, 2018 hätte sich schon jetzt gelohnt.

 

Zwickau wird 900 Jahre alt. Die Stadt macht einige Klimmzüge, um dieses Premium-Abenteuer sinn- und stilvoll zu begehen. Gut möglich, daß ein heutiger Zwickauer auch die 1000 Jahr-Feier miterleben kann – 2118. Ich halte mich da wohlwissend zurück und freue mich auf das Stadtjubiläum zu meinen Lebzeiten. Und daß Ringo Starr zu uns singt und trommelt – im Juni.

 

Einer Kulturtugend möchte ich zuletzt das Wort reden – der Kultur des Miteinanderredens. Viel Gemeinsamkeit zerbricht derzeit in ideologischen und politischen Grabenkämpfen. Mit Totalverweigerern funktioniert kein Gespräch, bei manchen Gesinnungsaktivisten lohnt es sich kaum. Ansonsten: 2018 kein Stammtischgezeter – es muss gesprochen werden, mitunter Full-Time-Tacheles. So in etwa mein Guter-Rutsch-Wunsch.

 

Hierzu Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799) weise und gelassen:

 

"Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen, es muß anders werden, wenn es gut werden soll."

 

 

 

KF

 

 

 

Kulturbürger im Dezember ist Lona, weil diese Band mit einem neuen Sound ein junges und sympathisches Zwickau verkörpert.