Ei, ein Ei

Ostern ist an sich eine gute Sache. Ich bleibe bis Mittag liegen und lass Geübtere das mit dem Auferstehen machen. Später am Sonntag geht's dann auf Familienbesuch. Da dürfen jene braven Kindlein, die noch an Ostereier glauben, im allmählich frühlingshaften Gras Gewaltmärsche in Sachen Eiersuche durchführen, hinter im Wege stehenden Bäumen und Sträuchern gruschteln oder im noch kärglichen Blumenbeet herumfingern. Das trägt in jungen Jahren durchaus zur anlassbezogenen Belustigung bei. Suchen, noch mehr Suchen, Finden, den archaischen Belohnungsimpuls aktivieren und verstärken durch weitere systematisch errungene Sucherfolge. Komisch, fragt sich aber manch fortgeschrittene Kind, wie kriegt es ein Hase gebacken, Ostereier abzusondern, die verdammt so aussehen wie die Überraschungseier an der Kasse beim Globus. Die ganze Osterfama bekommt erste, leichte Risse, wenn auch das außerösterliche Weltgefüge noch intakt bleibt. Für mich ist die Osterfama hingegen noch ganz intakt, solange ich meine Marzipaneier von Niederegger beim gepflegten Osterspaziergang ausbuddeln kann. Dafür hat das Weltgefüge ein paar unübersehbare Risse abbekommen. 

 

Bekanntermaßen ersteht am Sonntag ein echter Promisprössling auf, ziemlich tot, rollt ein paar verdammt schwere Steine vom Freitag zur Seite und entfleucht ungesehen in den blauen Himmel. Ok, wenn es so niedergeschrieben steht, dann wird die Physik nicht mit Kausalitätsbeglaubigungen und Schwerkraftsattesten frohlocken. Und wenn Ostereier die Auferstehung traditionell verkörpern, wofür steht und hoppelt dann der Hase? Kann und darf der Eier legen? Und überhaupt, wieso kann ein profanes Nougat- oder Krokantei die hochheilige Auferstehung symbolisieren? Aber ich schluck auch das runter … Übrigens: Das erste Osterei wurde bereits vor 60000 Jahren im Süden Afrikas bemalt, weshalb die ganze hippe Geschichte rund um den wichtigsten Sohn aller Zeiten ehrlicherweise neu datiert werden müsste.

 

Von Afrika nach Zwigge: Auf dem Ostermarkt waren außer in der Häschen Schule und dem einzigen österlich angehauchten Stand nirgends Standhasen und verlorene Eier zu entdecken. Statt Osternestern gab es Nasch- und Fressbuden mit polnischen Bonbons, Nutellakindercrepes, Fischeiern, Zwickauer Bouletten (?), Straußenschinken, Pilzklitschern, Kräppelchen … Außerdem alles von Fundgrube bis Resterampe: CDs, Glitzerketten, pinkfarbene Wollekraken, Badvorleger und Stickdeckchen, Obstbrände, Bienenseife, selbsternannten Oster-Glühwein etc. Nichts für mich. Bin ab jetzt spezialisiert auf Fondantküken und -spiegeleier. Ostern – find ich gut.