Der erste Farbige, dem ich begegnete, hieß Jim Knopf. Ich ging noch zur Schule. In einem kleinen schwäbischen, schwarzen, erzkatholischen Ort. Als evangelische Kinder durften wir uns bei Strafe nicht im Pausenhof der kleinen katholischen Grundschulkollegen blicken lassen. Die rigide und absurde Trennung nach Konfessionen wurde uns lange und für lange eingebläut.
Was aber habe ich gelernt? Jim Knopf ist nichts Besonderes.
Viele Mädchen und Jungen lieben die Abenteuergeschichten bis heute. Die Lektüre von Michael Endes hellsichtigen, toleranzstimulierenden, ja antirassistischen Kinderbüchern "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" und "Jim Knopf und die Wilde 13" appellierte an Mitmenschlichkeit und Zivilcourage. Wie vielleicht Generationen später die Narnia-Romane, Tolkins Hobbit-Kosmos, Harry Potter und, wenn mal so will, die Star-Wars-Saga und die Star-Treck-Serien und Filme. Letztere sind ganz unbedingt und erkennbar den Humanitätsidealen ihres Autors Gene Roddenberry verpflichtet. Die zeitlosen Ideale von Toleranz, Gleichberechtigung, Fairness, Gewaltlosigkeit, also letztlich das Motto: Leben und leben lassen, gelten offensichtlich im ganzen Universum.
Nochmal Jim Knopf. Er lebt als Findelkind (also ohne Ausweis und nachprüfbare Herkunft) auf dem Miniatureiland Lummerland, jener Insel mit zwei Bergen und einer unkaputtbaren Ohrwurm-Nationalhymne. Dort gerät er in die sorgenden Hände von Frau Waas, die ihn wie eine Mutter liebt. Jim lernt Deutsch und integriert sich ins monarchische Staatswesen, das freilich vor seiner Einwanderung ins dortige Sozialsystem nur aus vier Personen bestand, er macht als Zugereister also auf einen Schlag 20 Prozent der Bevölkerung aus. Gottseidank gibt es auf Lummerland keine Parteien wie die AfD. Jim wird Hilfslokomotivführer und platziert sich das Herz am rechten Fleck, er wird einfühlsam und mutig – und er riskiert sein Leben, um andere, die nicht so viel Glück hatten, aus größter Gefahr zu retten. Jim hat eine dunkle Hautfarbe und wird zum Vorbild. Jede andere Hautfarbe wäre aber genauso gut.
In Zwickau gibt es einige halbstarke, "besorgte Bürger" oder Ausländerfeinde, die mit schwarz-gelben Fahnen hetzen oder rassistische Facebook-Gruppen ins Leben rufen. Manche "wutbürgerischen" Einwohner geifern ihren Hass auf sich und ihre dunkle Welt, aber auch auf Andersdenkende weit über das Gesetzliche hinaus.
Lesen Sie Endes Bücher oder gehen Sie ins Kino, wo derzeit der ganz aktuelle Spielfilm mit Jim Knopf, Lukas, Emma und Lummerland zu sehen ist. Er macht Spaß und entspannt bei einem Blick in unsere überwältigende und bunte Welt. Doch ist sie heil und friedvoll?