900 Jahre mit Nachhall?

900 reiche Jahre Zwigge voll beglückender Momente, aber auch dunkler Materie haben sich gerade in die ewigen Jagdgründe verabschiedet und niemand weiß, ob noch einmal bemerkenswerte 900 Jahre vom Himmel fallen. Aber unter uns, irgendwer und irgendwas wird immer und überall in jeder Sekunde 900 Jahre alt. Oder 2 Jahre oder 3 Millionen. Jubilieren lässt sich also den lieben langen Tag, achtet man unterdessen auf die künftige Lebensqualität.

 

Was für Akzente konnten die fünf vergangenen Jubeltage setzen? Ein Lichtspektakulum in zumeist zentraler Lage illuminierte prominente Hausfassaden und Kirchenportale, illustrierte unter starkbunter Effekt- und Affektbeteiligung Zwickauer Geschichtshighlights. Wie gut, daß hochprofessionelle Licht- und Videoinstallationen uns mehr außergewöhnliche Unterhaltung vergönnten als jedes Feuerwerk, das sich in fünf Minuten verpulvert. Außerdem bescherte eine illustre Festveranstaltung mit wohlgesetzten Ministerpräsidentenworten allen Dombesuchern viel schöne Freude, oder so.

 

Ach so. Das Historische Dorf wurde in relaxter Atmosphäre ebenfalls in Licht getaucht. Bitte wieder hingehen, eine wirklich gelungene Aktion, ein Ort, an dem Jugendliche Geschichte bauen und verstehen.

 

Vielleicht hätte man da und dort anlässlich des 900 Jahre-Impulses mit einer Finanztopfumtopfung auch ein paar nachhaltige, symbolische Projekte anstoßen können. Etwa angesichts der immer dreisteren Präsenz der rechtsextremen AfD (darf man jetzt laut richterlichem Beschluss so nennen!) und weiterer brauner Konsorten und Kohorten müsste man eigentlich ein weithin wirksames, politisches (Umschulungs)-Programm initiieren. Oder ihnen eine braune Kuhwiese außerhalb der Stadtmauern zum Draufrumtrampeln überlassen. Anderes Thema: In der Hauptstraße gäbe es (noch immer) Raum und Gelegenheit für eine Art Kulturzentrum (im großen, ehemaligen Röder-Laden), in dem die unabhängigen Kulturinitiativen der Stadt für 900 Jahre Veranstaltungen durchführen könnten – vorausgesetzt: ein ideenreiches und ernstgemeintes Kulturbekenntnis der Stadt.

 

Und ein Geburtstagsgeschenk an die Nachwelt hätten wir uns auch leisten sollen: eine mit schmucken Utensilien und Dokumenten prall gefüllte Zeitkapsel als wunderbare Erinnerung an unsereins zur 1000-jährigen Zwickaus-Sause.

 

Ein Geburtstags-Happy End für alle könnte in der verheißungsvollen Ankündigung des Ministerpräsidenten stecken, das Schocken-Kaufhaus zusammen mit der Stadt zu reaktivieren. Aber wollten da nicht schon wieder die üblichen scientologischen Griffel zuschlagen und Kasse machen? Na ja, denen bitte was drauf auf die Finger, meine Damen und Herren aus dem Rathaus.