Gekommen, um zu gehen

Dies ist die lange Version der in der FP veröffentlichten Kolumne.

 

Entweder lassen wir Rasen über ein schwarz-weißes Nichts wachsen oder nehmen den Ball zum Nachtreten auf. In Schwaben sagen wir "Höfleswetz" zum maroden Gekicke der Schlandmannschaft, die ein gigantisches Eigentor in die kollektive Fußballbegeisterung gehämmert hat. Zum einen resigniert und frustriert über das unerwartet frühe Aus, aber auch erheitert und frohen Mutes sehe und gehe ich einer fußballbefreiten Zukunft entgegen. Keine Meisterschaften jedweden Kalibers mehr, Schockstarren auf eine grüne Glotze mit ein paar rumkullernden Punkten drin, kein Geplänkel mehr mit Tussi-Spielerfrauen. Endlich kommt Billard wieder in den Blick oder Schach oder Flippern (ach nö, ist ausrangiert und warum eigentlich? Das war ein prima Ballspiel). Endlich mehr Zeit für Endlich mehr Zeit für: Natur und blauer Himmel sind angesagt, etwa Spazierengehen im Freibad oder Hollywoodschaukeln im Garten.

 

Dabei war die fußballverstopfte Zeit nicht die schlechteste Variante um die Sekunden flüssig totzuschlagen und die Pfunde überflüssig zu tätscheln. Insbesondere in spannenden Verlängerungen. Die gab's bei dieser WM zu Hauf, einmal hat's genützt (Schweden), das andere (und letzte) Mal durfte der selbsternannte Titelaspirant nach allen Regeln der Kunst ins Gras beißen. Eigentlich ist es doch idiotensicher schnurz, warum die deutsche Mannschaft, derart früh die Löffel abgegeben hat. Nun hilft kein stupides Reorganisieren, die Festplatte muß komplett ausgetauscht werden und die entzauberten Rasengötterlinge, bis auf die wenigen jüngeren Helden in spe, sollte man sorglos umtauschen und nicht nur auswechseln. Daß Özil und Gündogan als ein Hauptgrund für die abgebrochene Titelmission herhalten mögen, stimmt vielleicht nur für eine Truppe altbackener, aber aufgeblasener Teutonen und unter rein sportlichem Aspekt. Sie haben nicht so genial geballert wie erwartet und wie früher bei Gelegenheit. Doch daß beide sich bei einem Schäferstündchen mit dem selbstoptimierten Mega-Zuchtmeister Erdogan ertappen ließen und die ganze Performance wohl irgendwie gut fanden, kam für viele so prickelnd rüber wie ein Kavaklidere Rose-Schampus an Recep Tayyips Palastbar. Womöglich avanciert dies missglückte Tete-a-tete noch zum Mainevent der WM und deren Nachbereitung. Man zeigt sich, bitteschön, mit gar keinem Autokraten, will man selbst Vorbild sein. Vor allem aber sind sie Deutsche und haben freie Hand, bei aktiviertem Potential in den Beinen unser Schlandteam ordentlich durchzumischen.

 

In den nächsten vier Jahren dürfen wir also hier und da auf sinnvoll genutzte Fußball-Off-Zeit hoffen, vielleicht auch mal ein wenig mehr Kultur. Hier vor Ort oder weit weg in Chemnitz, um mal zu schauen, wie sich Frau Mössingers Nachfolger, der Herr Bussmann, warmläuft in seinen ersten Tagen. Oder man setzt sich in die Wiese an der Mulde und liest ein paar Gedichte von Schumann, oder hockt sich für fünf Minuten auf eine der illustren roten Bänke in der Hauptstraße. Am besten aber schnappt man sich in ein Tretboot und dichtet mitten im Schwanenteich eine Ode an den Zwickauer Sonnenuntergang.

 

Hauptsache, wir sind das zermürbende Fußballgegucke und die offenstehenden Bewunderungsmäuler für nichtsnutzige Fußballgroßverdiener wieder los. Denn das häppchenweise Gegurke mit Rund-Ei war nun wirklich nur was für die Salatschleuder. Bitte vier Jahre üben und dann gegen Holland, England und Italien in eine Gruppe. Ach ja, geht nicht. Aber ob Jogis Löwen-Mannen bei der Auslosung überhaupt noch mal gesetzt werden …

 

Na ja, lieber zum FSV, da weiß man was man hat. Und die Welt ist da außerdem in Ordnung. Für den Weltmeister könnte sie auch eine runde Sache sein, solange sie sich nicht vor Putin drapieren müssen.